Pflege & Beruf - Gesetze & Regelungen

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Pflege & Beruf - Gesetze & Regelungen

Gesetze und Regelungen

Eine Pflegesituation tritt oft überraschend ein und ist mit vielfältigen rechtlichen und organisatorischen Fragen verbunden. Personalverantwortliche und Führungskräfte sind dann häufig auch Ansprechpartner, wenn Beschäftigte vor Fragen rund um das Thema Pflegebedürftigkeit stehen. Um im Ernstfall schnell eine möglichst gute Lösung für die Beschäftigten zu finden, ist es für Arbeitgeber hilfreich, relevante rechtliche und steuerliche Aspekte zu kennen. Hierfür soll dieser Abschnitt einen ersten Überblick geben.

Die sozialrechtlichen Bestimmungen zum Themenkomplex Pflegebedürftigkeit sind in den Sozialgesetzbüchern geregelt: Relevant sind dabei die Bücher zur Pflegeversicherung (SGB XI), Krankenversicherung (SGB V), Unfallversicherung (SGB VII) , Rentenversicherung (SGB VI), zu Schwerbehinderung (SGB IX) und zur Sozialhilfe (SGB XII).

 

Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung deckt einen Teil der Pflegekosten ab. Dabei hängt die Höhe der Versicherungsleistung von der Beurteilung des individuellen Pflegebedarfs durch den zuständigen Medizinischen Dienst der Krankenkasse ab. Ausführliche Informationen über die aktuell geltenden Beurteilungskriterien und die Leistungen der Pflegeversicherung finden Sie im nebenstehenden Infokasten. (siehe Infokasten)

 

Pflegestärkungsgesetz

Das Pflegestärkungsgesetz (PSG) zur Verbesserung der Pflegesituation in Deutschland besteht aus 2 Teilen: Das PSG I gilt seit dem 1. Januar 2015, das PSG II ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Ab dem 1. Januar 2017 werden das darin enthaltene neue Verfahren zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit sowie die Umstellung von bisher 3 Pflegestufen auf nun 5 Pflegegrade wirksam.

 

Pflegestärkungsgesetz I

Mit dem PSG I wurden die Leistungen für ambulante und stationäre Pflege sowie für die Pflege zuhause ausgeweitet. Mit seiner Einführung trat auch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft, das ergänzend zu Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz die Freistellungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige regelt.

 

Pflegestärkungsgesetz II

Mit dem PSG II wird die Pflegebedürftigkeit nun neu definiert: Damit erhalten erstmals alle Pflegebedürftigen einen gleichberechtigten Zugang zu Pflegeleistungen – unabhängig davon, ob sie an körperlichen Beschwerden oder an einer Demenz erkrankt sind. Versicherte können zudem eine umfassende Beratung durch die Pflegeberaterinnen und -berater ihrer Kranken-/Pflegekasse erhalten.                                                             

Ab 2017 soll die individuelle Pflegebedürftigkeit von Menschen durch ein neues Begutachtungsverfahren (NBA) besser erfasst werden, in welches körperliche, geistige und psychische Kompetenzen gleichermaßen eingehen. Anhand von sechs Kriterien wird damit ab 2017 auch der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu gefasst. Anstelle der bisher drei Pflegestufen, ergänzt durch die Pflegestufe 0 für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, gibt es dann fünf Pflegegrade.                                

Des Weiteren wird die ambulante Pflege ab 2017 durch zusätzliche Mittel für pflegebedingte Ausgaben wie z. B. Wohnungsanpassungen gestärkt. Außerdem werden pflegende Angehörige stärker in der Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung abgesichert.Die Änderungen des PSG II zielen darauf ab, die Nutzung ambulanter Pflegeangebote zu erleichtern. Allerdings erfordern ambulante Pflegelösungen in der Regel auch ein stärkeres Engagement der Angehörigen. Damit wird die Nachfrage nach Arbeitsbedingungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ermöglichen, ab 2017 voraussichtlich weiter zunehmen.

 

Freistellungsregelungen für Arbeitnehmer

Das seit 01.07.2008 gültige Pflegezeitgesetz und das seit 01.01.2012 gültige Familienpflegezeitgesetz sollen Angehörigen die Vereinbarkeit von Beruf und häuslicher Pflege erleichtern. Die Gesetze sehen mehrere Formen der Freistellung von erwerbstätigen pflegenden Angehörigen vor.

 

Beschäftigung von Betreuungspersonen

Wenn zur Pflege eines Angehörigen eine Betreuungspersonen für den Privathaushalt benötigt wird, sind rechtliche Vorgaben zu beachten. Hier müssen u.a. Fragen zum passenden Beschäftigungsverhältnis sowie zur Sozial- und der Haftpflichtversicherung geklärt werden.

Grundlage für die Entscheidung, ob eine Betreuungsperson geringfügig beschäftigt werden oder selbstständig tätig sein soll, sind der zeitliche Umfang der Tätigkeit sowie die Vorstellungen aller Beteiligten zur Gestaltung der Zusammenarbeit, z.B. zur Frage, wie flexibel die Betreuung erfolgen soll.

Agenturen für die Vermittlung von Familienpflegerinnen, ambulante Dienste, die Minijobzentrale und die Bundesagentur für Arbeit sind mögliche Anlaufstellen, wenn es um Planung der Beschäftigung von Pflegepersonen im Privathaushalt geht.

Private Haushalte können für Pflege- und Betreuungsleistungen bei hilfebedürftigen Angehörigen oder für haushaltsnahe Dienstleistungen Steuerermäßigungen erhalten.  Dasselbe gilt für Kinderbetreuungsaufwendungen, für Haushaltstätigkeiten sowie für Arbeiten von Handwerkern. Die steuerlichen Entlastungen sind im Familienleistungsgesetz vom 01.01.2009 geregelt.

 

Krankenversicherung

Bestimmte Leistungen zur Finanzierung von Pflege werden auch von den Krankenkassen erbracht. In ihren Zuständigkeitsbereich fallen Leistungen zu Pflegehilfsmitteln (§ 33 SGB V) sowie zur häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V).

Häusliche Krankenpflege findet in den Fällen statt, wo sie dazu beiträgt, eine Krankenhausbehandlung zu vermeiden oder zu verkürzen oder dann, wenn eine Behandlung im Krankenhaus zwar geboten, aber nicht durchführbar ist. In der Regel wird sie für bis zu vier Wochen je Krankheitsfall bewilligt, in begründeten Ausnahmefällen auch darüber hinaus. In den Bereich der häuslichen Krankenpflege fallen auch die Behandlungspflege sowie die ambulante Palliativversorgung.

 

Einführung eines Angebotes zur Mitarbeiterunterstützung

Internes oder externes Angebot

Arbeitgeber haben die Möglichkeit, die Beschäftigten durch ein Beratungs- und Vermittlungsangebot zu entlasten. Hier kann ein externer Dienstleister Beschäftigte mit Pflegeverantwortung bei Fragen rund um die Organisation von Pflege umfassend beraten und bei der Suche nach Pflegelösungen unterstützen. Weil er dabei nicht von Interessen der Kranken- und Pflegekassen geleitet ist, erfolgt die Unterstützung so ganz im Sinne der Betroffenen und es ist Neutralität gewährleistet.                                                   

Da das Thema Pflegebedürftigkeit belastend ist, fällt es Beschäftigten zuweilen schwer, diese Thematik am Arbeitsplatz anzusprechen und dort um Rat zu fragen. Diese Scham kann eine eine Hemmschwelle bedeuten und Grund sein, gegebenenfalls auch ein betriebsinternes Beratungsangebot nicht in Anspruch zu nehmen. Ein Unterstützungsangebot bei einer externen Stelle dagegen macht die Kontaktaufnahme leichter, weil Beschäftigte sicher sein können, dass ihr Arbeitgeber nicht im Einzelnen erfährt, bei welchen Themen sie Hilfe suchen. Aber auch das Angebot einer betriebsinternen Beratungsstelle oder einer Vertrauensperson, die für Fragen rund um die Pflegebedürftigkeit zur Verfügung steht, signalisieren den Beschäftigten eine pflegesensible Unternehmenskultur und werden als Entlastung wahrgenommen.           

Bei der Gestaltung eines Angebotes zur Mitarbeiterunterstützung haben Unternehmen alle Freiheit, entsprechend ihrer Kultur, ihrer eigenen Kompetenzen und ihrer finanziellen Möglichkeiten eigene Angebote zu etablieren.

 

Kein geldwerter Vorteil

Beratungs- und Vermittlungsleistungen eines Dienstleistungsunternehmens müssen steuerlich nicht als geldwerter Vorteil behandelt werden, sofern sie von allen Beschäftigten im Unternehmen genutzt werden können und vom Arbeitgeber pauschal bezahlt werden. Dazu heißt es in den Lohnsteuer-Richtlinien zum Arbeitslohn (LStR 2015, R 19.3, Absatz 2, Nr. 5):

„(1) Arbeitslohn ist die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft. (...)     

(2) Nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft und damit nicht als Arbeitslohn sind u. a. anzusehen (...)                   

(5) pauschale Zahlungen des Arbeitgebers an ein Dienstleistungsunternehmen,    das sich verpflichtet, alle Arbeitnehmer des Auftraggebers kostenlos in persönlichen und sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu betreuen, beispielsweise durch die Übernahme der Vermittlung von Betreuungspersonen für Familienangehörige.“

Wenn dem Arbeitgeber nicht rückgemeldet wird, welcher Mitarbeiter im Einzelnen welche Beratungs- oder Vermittlungsleistung in Anspruch genommen hat, sind Zahlungen keinem Einzelnen zuzuordnen und damit kein geldwerter Vorteil.

 

Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung

Die Einführung einzelner betrieblicher Unterstützungsmaßnahmen für pflegende Beschäftigte kann die Mitbestimmung des Betriebsrats erfordern. Bei der Einführung besonderer Arbeitszeit- bzw. Freistellungsmodelle für pflegende Angehörige oder wenn ein Beratungs- und Vermittlungsservice eingerichtet wird, müssen die geltenden Mitbestimmungsregeln beachtet werden. Dazu besagt das Betriebsverfassungsgesetz, § 87 Mitbestimmungsrechte:

 

1. Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung

nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: (...)                                                                                                                                

2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;

(...)

5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;

(...)

8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; (...)“

Auch wenn bei der Kooperation mit einem externen Dienstleister keine explizite Mitbestimmungspflicht besteht, empfiehlt es sich hier im Sinne einer guten innerbetrieblichen Kommunikation sehr, den Betriebsrat mit einzubeziehen.