Erfolgreich als Frau im Job: Wichtig ist das Mindset
Gleichberechtigung im Job? Davon ist Deutschland noch Jahrzehnte entfernt. Doch Frauen können selber einiges dafür tun, um im Job erfolgreicher zu sein, sagt Personalentwicklerin und Coach Betty Wollgarten: zum Beispiel ihre Aufstiegskompetenz verbessern und ihr Verhältnis zur Macht klären.
Machen wir in dem gleichen Tempo weiter wie bisher, dauert es noch 30 Jahre, bis in den 100 größten deutschen börsennotierten Unternehmen genauso viele Vorständinnen sitzen wie Vorstände. Und das, obwohl es an weiblichem Nachwuchs nicht fehlt. Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt die Boston Consulting Group in einer Studie.
Auch bei der Bezahlung ist der Graben zwischen den Geschlechtern gleichbleibend tief. Im bundesweiten Durchschnitt verdient eine Frau pro 1000 Euro Einkommen 180 Euro weniger als ein Mann in der gleichen Position. Dieser „Gender Pay Gap“ und die Ungleichverteilung der Care-Arbeit, die viele Frauen zur Teilzeitarbeit zwingt, wirkt sich zudem negativ auf die Rente aus.
Die Rahmenbedingungen für den Aufstieg von Frauen sind also ungleich schlechter als für ihre männlichen Kollegen. Wichtige Ansatzpunkte für verbesserte Karrieremöglichkeiten sind einerseits gesetzliche Regelungen hinsichtlich Erziehungs-, Betreuungs- und Pflegeaufgaben sowie Zeitpolitik. Anderseits müssen Unternehmen ihre Arbeitskultur mit ihren Konventionen und Stereotypen überdenken und transparentere Auswahlverfahren etablieren.
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Wichtige Stellschraube: Wie verhält sich jede einzelne Frau im Job?
Eine weitere relevante Stellschraube ist aber auch, wie sich jede einzelne Frau im Arbeits- und im Privatleben verhält – immer wieder, jeden Tag, in jeder Situation neu.
Mit diesen fünf Ansatzpunkten können Frauen ihren Aufstieg erfolgreicher angehen:
1. Entwickeln Sie Ihre Aufstiegskompetenz
Frauen schrecken vor Karriere und Aufstieg nicht zurück, weil sie die Verantwortung nicht tragen möchten oder weil sie nicht führen könnten oder wollten. Ihnen fehlt es nicht an Führungskompetenz. Vielmehr scheitern sie bereits einen Schritt vorher: Ihnen fehlt die Aufstiegskompetenz – also sich zeigen, von sich sprechen und Gelegenheiten nutzen, die eigenen Kompetenzen sichtbar zu machen.
Hier spielen Sprache und Sprechen eine große Rolle: Von sich selbst klar und ohne Schnörkel zu sprechen ist auch eine Form von Souveränität. Das ist einfacher gesagt, als getan: In der Tiefe bedarf die Auseinandersetzung mit dem eigenen Sprechen Ausdauer und Mut. Wer bin ich? Was ist mir [wirklich] wichtig? Wie drücke ich das aus, was mir [jetzt] [wirklich] wichtig ist? Wie setze ich unmissverständlich Grenzen, ohne den anderen in seiner Person zu verletzen?
2. Klären Sie Ihr Verhältnis zur Macht
In der Frage des Sprechens zeigt sich auch die Frage der Macht. Der Begriff der Macht löst bei Frauen noch immer ein diffuses Unwohlsein aus. Viele Frauen schrecken vor der Möglichkeit zurück, sich Macht zu nehmen oder sie als selbstverständlichen Teil ihrer Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten zu betrachten.
Macht ist etwas, das man lieber nicht anfassen möchte. Macht klingt schmutzig. Allein an dem Begriff kleben finstere Assoziationen – gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte. Doch nicht die Macht ist das Problem, sondern der Missbrauch von Macht.
Frauen, die aufsteigen wollen, müssen ihr Verhältnis zur Macht klären. Macht kann als Potenzial verstanden werden, als das Vermögen, etwas tun zu können. In der Physik spricht man von potenzieller Energie, die z. B. für den Antrieb eines Mühlrads genutzt wird – oder aber ein ganzes Tal zerstört. In dieser Metapher zeigt sich die Nähe von Gestalten, Erschaffen und Zerstören, Missbrauchen. Die gestalterische Kraft von Macht und die damit einhergehende Verantwortung in den Vordergrund zu stellen, holt die Macht aus ihrem dunklen Hinterzimmer heraus und stellt sie in das Licht des alltäglichen Handelns. Das ist ein Ort, an dem auch Frauen sich sehen und wirken möchten.
Sie müssen es nicht allen recht machen. Sie müssen aber wissen, welche Erwartungen Sie an sich selbst stellen.
3. Wagen Sie sich aus Ihrer Komfortzone heraus
Um Macht über andere oder anderes zu haben, um gestalten zu können, muss ich zuerst Macht über mich selbst erlangen. Das gelingt durch Selbststeuerung. Das bedeutet, mir von mir selbst nicht alles gefallen zu lassen. Zum Beispiel nicht alles zu glauben, was ich denke, und die eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen (z. B. „Ich kann das nicht", „Ich schaffe das nicht“, „Ich habe noch zu wenig Erfahrung"). Da hilft es, ab und an ins kalte Wasser zu springen, etwas auszuprobieren und anders als gewohnt zu machen. Wagen Sie sich aus Ihrer Komfortzone, und fordern Sie sich selbst heraus.
Sperren Sie geliebte Selbstzweifel gelegentlich in einen Tresor weg, da gehen sie nicht verloren und stehen nicht im Weg herum. Den unablässigen Gedanken, die anderen müssten Sie doch als Hochstaplerin endlich entlarven, können Sie zur Abkühlung nach draußen stellen und im Regen stehen lassen. Wagen Sie es hier und da, Erfolge tatsächlich Ihrer Kompetenz und Leistung zuzuschreiben anstatt dem Zufall oder dem Glück.
4. Wählen Sie Ihre Rolle selbst
Was ist damit gemeint, die eigene Rolle zu wählen? Rollenerwartungen werden implizit und explizit permanent von anderen an jede und jeden gestellt. Sie können aber auch selbst Ihre Rolle wählen.
Machen Sie sich klar: Sie müssen nicht jeder Rollenerwartung entsprechen. Sie müssen es auch nicht allen recht machen. Reflektieren Sie auch, welche Erwartungen Sie an sich selbst haben, die möglicherweise nicht hilfreich sind. Eine Rolle muss einerseits zu mir als Person passen, andererseits der von mir zu erfüllenden Funktion dienen. In der Rolle kommen Person und Funktion zusammen, und erst im Zusammenspiel dieser drei Faktoren kann Leistung entstehen.
Als fleißiges Lieschen sichere ich mir die Sympathien aller Teammitglieder. Der nächsten Beförderung könnte diese Rolle allerdings im Wege stehen. Wenn ich als vollumsorgende Mutterfigur mein Team führe, fühle ich mich im Vollbad der Harmonie wohl. Gegenüber dem konkurrierenden Abteilungsleiter werde ich so jedoch nicht punkten.
5. Knüpfen Sie Netzwerke
Um das alles zu bewältigen, benötigen Sie Verbündete und Unterstützerinnen in einem beruflichen Netzwerk. Netzwerke, die mittels Female Leadership und Innovation helfen den sogenannten Thomas-Kreislauf zu durchbrechen, also jenes Phänomen, das beschreibt, wie in Führungsetagen immer wieder nach Ähnlichkeit rekrutiert wird (Leitungsebenen bleiben hinsichtlich Geschlecht, Alter, Herkunft und Ausbildung meist sehr homogen). Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, bedarf es Mut zum Ausprobieren, Information, Kontakte und stetiges Lernen. Hierbei helfen nicht nur informelle Netzwerke, sondern auch professionelle wie die Fondsfrauen im Finanzsektor oder das Team Nushu in der Wirtschaft. Auf diese Weise unterstützt kann es sogar Spaß machen, aus seiner Komfortzone herauszukommen und ins kalte Wasser zu springen.