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Führung & HR

Chronisch krank im Job: wie Führungskräfte unterstützen können

Chronisch erkrankte Menschen müssen oft täglich mit Herausforderungen umgehen, die sich gesunde Menschen kaum vorstellen können. Diese Erfahrungen machen sie zu besonders belastbaren und kompetenten Beschäftigten. Erfahren Sie, wie Sie als Arbeitgebender und Führungskraft chronisch kranke Beschäftigte bestmöglich unterstützen können und warum das die Leistung Ihres gesamten Teams positiv beeinflusst.

Der Artikel wurde geprüft und unter Mitarbeit geschrieben von Ute Falkner, Lebenslagencoachin, Gesundheitsberaterin und Resilienztrainerin.

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​​​​​​​Vielfalt und Inklusion sind längst wichtige Themen auf der Agenda vieler Unternehmen. Doch ein Aspekt wird dabei oft übersehen: die Integration und der Umgang mit chronisch erkrankten Mitarbeitenden.

In Deutschland leiden etwa 40 Prozent der Bevölkerung an einer oder mehreren chronischen Erkrankungen. Darunter sind viele erwerbstätige Menschen, die trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen mitten im Berufsleben stehen. Das zeigt die Studie der Stiftung Gesundheitswissen, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach eine repräsentative Bevölkerungsumfrage speziell auf die Informationsbedarfe von Menschen mit chronischen Erkrankungen ausgewertet hat.

Chronische Erkrankungen: ein dringendes Arbeitgeber-Thema

Die Zahlen verdeutlichen, dass die Unterstützung chronisch kranker Beschäftigter keinesfalls ein Thema unter ferner liefen ist. Was es noch dringender macht: der demografische Wandel. Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen, gibt zu bedenken: „Angesichts einer älter werdenden Gesellschaft wird die Bedeutung chronischer Erkrankungen weiter zunehmen". Für Arbeitgeber:innen bedeutet das, sie sollten Unterstützungsmaßnahmen und Aufklärung im Unternehmen etablieren. Unsere Gesellschaft altert, und damit auch das Durchschnittsalter der Beschäftigten. Schon heute dürfte in einem Team mit zehn Personen ein Teammitglied sein, das an einer chronischen Erkrankung leidet.

Ein Unternehmen sollte chronisch kranke Mitarbeitende unterstützen, um soziale Gerechtigkeit zu fördern, ihre Arbeitsfähigkeit langfristig zu sichern und eine inklusive, leistungsstarke Unternehmenskultur zu schaffen. Eine wertegeleitete Unternehmensführung kann Chancengleichheit anstreben, indem sie Diversität fördert und benachteiligte Gruppen unterstützt. Außerdem stellt Inklusion aller Mitarbeitenden immer auch ein Gewinn für das Unternehmen selbst und das Employer Branding von Unternehmen dar.
 

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Unsere Wissenshappenreihe „Chronisch krank im Job“ beleuchtet praxisnah und verständlich die zentralen Herausforderungen sowie innovative Lösungsansätze.

 

Die "Super-Skills" von chronisch erkrankten Mitarbeitenden

Chronische Krankheiten lassen sich nicht einheitlich definieren. Sie können körperlicher oder psychischer Natur sein und reichen von Arthrose und Rückenschmerzen bis zu Angststörungen oder Depressionen. Während einige chronisch Erkrankte ihr Leben nahezu normal gestalten können, sind andere stark eingeschränkt oder sogar beeinträchtigt. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass die Erkrankungen langfristig bestehen, nicht vollständig heilbar sind und regelmäßige medizinische Behandlung erfordern. 30 Prozent der chronisch Erkrankten leben 20 Jahre und länger mit ihrer Erkrankung (Studie Gesundheitswissen).

Viele chronisch Erkrankte müssen oft täglich mit den Beschwerden ihrer Krankheit umgehen. Gesunde Menschen können sich diese Herausforderung meist nicht vorstellen. Chronische Schmerzen, Operationen, täglich Medikamente einnehmen – all das sind Erfahrungen, die chronisch erkrankte Menschen besonders sensibilisiert für ein „gesundes Arbeiten“. Anders ausgedrückt: Sie sind Transformationsexpert:innen und leisten einen Beitrag zur Burnout-Prävention für das ganze Unternehmen. Zum Beispiel indem sie vorleben, bewusst Pausen zu machen, ergonomische Arbeitsmittel nutzen und ihre Kolleg:innen zu Entschleunigung bzw. gemeinsamen Bewegungs- oder Atemübungen anregen.

Gelassen, resilient, empathisch: ein Gewinn fürs ganze Team

Chronisch erkrankte Menschen bringen besondere „Super-Skills“ – also Stärken und Kompetenzen – mit, die ein Unternehmen und das Team entscheidend bereichern können:

Resilienz und Gelassenheit: Der ständige Umgang mit der Krankheit trainiert die Fähigkeit, Rückschläge zu bewältigen und sich schnell an neue Situationen anzupassen. Wer z. B. mehrere Operationen hinter sich hat und weiß, wie es sich anfühlt, die Kontrolle über den Krankheitsverlauf in professionelle Hände abzugeben, kann womöglich auch in Drucksituationen adäquat reagieren.

Zeitmanagement: Viele chronisch Erkrankte müssen ihre Energie sorgfältig einteilen. Oft müssen sie medizinisch notwendige Termine mitten am Tag wahrnehmen, da es bei Fachärzt:innen lange Wartelisten gibt und Tag und Uhrzeit nicht selbst ausgewählt werden können. Sie entwickeln daher oft ein außergewöhnlich gutes Zeitmanagement und arbeiten besonders effizient, um ihre Aufgaben auch an schlechteren Tagen bewältigen zu können.

Empathie und Teamfähigkeit: Menschen, die täglich mit gesundheitlichen Herausforderungen leben, zeigen häufig ein hohes Maß an Empathie. Sie können sich gut in andere Menschen hineinversetzen und bringen diese Fähigkeit auch in die Teamarbeit ein.

 

Gut zu wissen: Das sagt das Arbeitsrecht

Nach dem Arbeitsrecht sind Arbeitnehmende nicht verpflichtet, den oder die Arbeitgeber:in über eine chronische Erkrankung zu informieren. Diese Pflicht besteht jedoch, wenn die Erkrankung die Arbeitsleistung dauerhaft beeinträchtigt und dadurch andere Arbeitnehmende, den Betriebsablauf oder Dritte gefährdet werden könnten.

Vorteile chronisch Erkrankter für das gesamte Unternehmen

Neben diesen drei Skills gibt es noch weitere Vorteile, die chronisch erkrankte Beschäftigte für das gesamte Unternehmen mitbringen und die zur Stärkung der Unternehmenskultur und zur Verbesserung der Unternehmensleistung beitragen:

1. Innovative Problemlösungen

Wer regelmäßig mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert wird, entwickelt eine kreative Denkweise, um Hindernisse zu überwinden. Diese Fähigkeit, Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, kann in unternehmerischen Entscheidungssituationen von großem Vorteil sein.

2. Kultur der Achtsamkeit/Gesundheitskultur

Beschäftigte, die chronische Krankheiten im Unternehmen erleben, sensibilisieren ihre Kolleg:innen und Vorgesetzten für das Thema Gesundheit und Achtsamkeit. Dies kann zu einer bewussteren und gesundheitsorientierteren Arbeitsweise führen.

3. Langfristige Loyalität

Unternehmen, die chronisch erkrankte Beschäftigte unterstützen und ihnen die notwendigen Anpassungen ermöglichen, profitieren häufig von einer gesteigerten Loyalität. Diese Dankbarkeit äußert sich oft in einem langfristigen Engagement und einer hohen Motivation.

 

Gut zu wissen: Schwerbehindert als chronisch Erkrankte:r

Chronisch Erkrankte können als schwerbehindert gelten, wenn die Erkrankung erhebliche Einschränkungen verursacht und bestimmte Kriterien erfüllt sind, d. h. wenn sie mindestens vierteljährlich ärztliche Behandlung benötigen oder auf eine dauerhafte medizinische Betreuung angewiesen sind.

 

Tipps, wie Führungskräfte chronisch Erkrankte unterstützen können



​​​​​​​Viele Führungskräfte wissen jedoch nicht, wie sie die Begleitung von chronisch kranken Mitarbeitenden professionell und wertschätzend managen können. Viele chronisch erkrankte Mitarbeitende wiederum trauen sich nicht, ihre Krankheit mitzuteilen, aus Sorge, ihren Job zu verlieren oder als weniger belastbar und leistungsfähig wahrgenommen zu werden. Damit das Tabu gebrochen werden kann, sollten Unternehmen ein empathisches und lösungsorientiertes Umfeld schaffen.

Was bedeutet das konkret?

Etablieren Sie eine Kultur der Offenheit und Transparenz

Damit chronisch erkrankte Mitarbeitende ihre Herausforderungen bei ihrer Teamleitung ohne Angst vor Diskriminierung oder negativen Konsequenzen ansprechen können, sollte eine offene Unternehmenskultur herrschen. Um diese zu etablieren, sind folgende Maßnahmen hilfreich:

1. Sie sollten wissen oder herausfinden, ob Ihre Geschäftsführung offen ist für eine solche Unternehmenskultur und Initiative. Bringen Sie das Thema bei Ihrer Geschäftsführung auf die Agenda. Mitarbeitenden selbst kann die Geschäftsführung beispielsweise ein „Meet the boss“ anbieten, um gemeinsam ins Gespräch zu kommen.

2. Eine grundlegende Basis für eine offene Gesprächskultur ist die sogenannte Psychologische Sicherheit in Teams. Dies bedeutet, dass sich Mitglieder ohne Angst vor negativen Konsequenzen ehrlich äußern, Fragen stellen oder Fehler zugeben können.

3. Gesundheitstage bieten eine ideale Gelegenheit, alle Teammitglieder über die Herausforderungen chronischer Erkrankungen zu informieren und auf die Vorteile aufmerksam zu machen, die betroffene Teammitglieder fürs Unternehmen haben.

4. Eine Multiplikator:innenschulung „Erste Hilfe Mentale Gesundheit“ bildet Beschäftigte zu kompetenten Ersthelfer:innen für psychologische Notlagen aus. In der Schulung lernen die Teilnehmenden, mentale Belastungen zu erkennen und die Entwicklung psychischer Krankheitsbilder bei sich selbst und bei Kolleg:innen zu verstehen.

5. Wissen über chronische Krankheiten, ihre Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und das psychische Wohlbefinden sowie die Fähigkeit, situationsgerecht zu reagieren, sollten durch gezielte Schulungen für Führungskräfte gefördert werden.

 

Schulungen für Führungskräfte

Seminare, Vorträge, Coachings zur Führungskräfteentwicklung. Über 2.000 Veranstaltungen online und in Präsenz pro Jahr.

Mehr Infos: Führungskräfte und Leadership Seminare

 

Fördern Sie die Flexibilität des Arbeitsalltags

Flexibles Arbeiten, Homeoffice-Möglichkeiten oder alternative Arbeitszeitmodelle können helfen, chronisch kranken Mitarbeitenden den Arbeitsalltag zu erleichtern. Viele chronisch Erkrankte müssen sich den Gegebenheiten des Gesundheitssystems anpassen und zum Beispiel Arzttermine mitten am Tag wahrnehmen, da Facharztpraxen meist lange ausgebucht sind.

Deshalb ist es wichtig, dass Führungskräfte ihren betroffenen Teammitgliedern zeitliche Flexibilität ermöglichen und gleichzeitig darauf vertrauen, dass die Mitarbeitenden die Arbeit nachholen.

Artikel: Wie mit psychisch belasteten Mitarbeitenden umgehen​​​​​​​

Leitfaden für Arbeitgebende: Dos & Don'ts

Wenn sich ein Teammitglied mit einer chronischen Erkrankung „outet“, ist ein bewusster und sensibler Umgang entscheidend. Falsches Verhalten kann schnell zu Frustration, Missverständnissen und sogar zu Rechtsstreitigkeiten führen.

Hier ist ein Leitfaden, der Ihnen als Arbeitgebender und Führungskraft helfen kann.

Dos:

  • Anpassungen ermöglichen: Seien Sie flexibel, wenn es um Arbeitszeiten, Pausenregelungen oder das Arbeiten im Homeoffice geht. Manchmal sind kleine Anpassungen der Arbeitsbedingungen ausreichend, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten.
  • Gleichwertigkeit betonen: Behandeln Sie chronisch erkrankte Mitarbeitende nicht als „besonders schwach“ oder als Sonderfälle, sondern zeigen Sie, dass sie gleichwertige Teammitglieder mit besonderen Stärken sind.
  • Kommunikation fördern: Führen Sie regelmäßige Gespräche, um sicherzustellen, dass sich die betroffenen Beschäftigten unterstützt fühlen und die Zusammenarbeit reibungslos funktioniert. Schaffen Sie auch Anlässe zum Austausch und zu offenem Gespräch zum Thema „Chronische Erkrankung“, z. B. Personalgespräche, Jahresgespräch, Teammeetings, mit der Gleichstellungsbeauftragten oder dem Betriebsrat.

Generell gilt: Eine fruchtbare Begleitung besteht aus einem längeren Prozess der Selbstreflexion und wirklichem Zuhören. Machen Sie gemeinsam mit dem chronisch erkrankten Mitarbeitenden eine Kapazitätenplanung.

 

Tipp für Führungskräfte

Generell gilt: Eine fruchtbare Begleitung besteht aus einem längeren Prozess der Selbstreflexion und wirklichem Zuhören. Machen Sie gemeinsam mit dem chronisch erkrankten Mitarbeitenden eine Kapazitätenplanung.

Don’ts:​​​​​​​

  • Tabuisierung oder Stigmatisierung: Reduzieren Sie Beschäftigte nicht auf ihre Erkrankung und vermeiden Sie es, sie zu stark in den Mittelpunkt zu rücken oder mit Vorurteilen zu belasten.
  • Zu viel Druck ausüben: Üben Sie keinen zusätzlichen Druck auf erkrankte Mitarbeitende aus, indem Sie unrealistische Erwartungen an sie stellen oder auf ihre Erkrankung nicht eingehen. Das kann zu Überlastung und längerfristigem Ausfall führen.
  • Unflexible Strukturen: Zwingen Sie chronisch erkrankte Menschen nicht in starre Arbeitsstrukturen, die ihrer gesundheitlichen Situation nicht gerecht werden.
  • Verdichtung der Arbeit: Die Leistung von chronisch Erkrankten ist tagesformabhängig. Eine Verdichtung der Arbeit kann deshalb sehr belastend sein.
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Gut zu wissen: Arbeitgeberfürsorge

Kennen Sie Ihre Grenzen und sorgen Sie gut für sich selbst! Sie sind kein:e Ärztin/Arzt oder Therapeut:in! Sie haben zwar eine Fürsorgepflicht als Führungskraft und Arbeitgeber:in, aber diese ist begrenzt.

Mehr Infos: Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Fazit

Chronisch erkrankte Beschäftigte können eine Bereicherung für  Unternehmen sein. Führungskräfte sollten allerdings sensibilisiert werden, um mit den besonderen Herausforderungen, die die Begleitung dieser Beschäftigten mit sich bringt, konstruktiv und wertschätzend umzugehen. Unternehmen, die diese Potenziale erkennen und fördern, profitieren nicht nur von außergewöhnlichen Fähigkeiten wie Resilienz und Kreativität, sondern schaffen auch eine gesunde, vielfältige und inklusive Arbeitsumgebung, in der sich alle Beschäftigten entfalten können.

Durch einen empathischen, flexiblen Führungsstil und den Abbau von Vorurteilen schaffen Sie als Arbeitgeber die Basis für eine starke und loyale Belegschaft.

Hilfreiche Links und Literatur

Links

Sag ich's: Chronisch krank im Job​​​​​​​

Literatur

Becker, Silke / Otto-Albrecht Manfred: Inklusive Führung (2019)

Brown, Jennifer (2022): How to Be an Inclusive Leader: Your Role in Creating Cultures of Belonging Where Everyone Can Thrive. Second Edition.

Veranstaltungen und Coachings

Gruppencoaching: Führung mit Verantwortung – chronisch erkrankte Mitarbeitende unterstützen  

Tipps für vertrauensvolle Kommunikation, Ansätze für flexible Arbeitsmodelle und Aufgabenanpassung, relevante rechtliche und organisatorische Grundlagen, Strategien für langfristige Motivation und Integration. Das Gruppencoaching ist interaktiv und praxisorientiert gestaltet.

Mehr Infos: Gruppencoaching – Chronisch erkrankte Mitarbeitende unterstützen

 

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