Fußballweltmeisterin Steffi Jones und Nicole Jones über mentale Stärke
Die eine ist leidenschaftlich verkopft, die andere leidenschaftlich mit dem Herzen dabei: Dass diese Mischung nicht nur im Leben, sondern auch im Job hervorragend funktioniert, beweist das Powerduo Nicole Jones und Steffi Jones. Nicole Jones ist erfolgreiche Finanzerin und Hundetrainerin, Steffi Jones Fußballweltmeisterin und ehemalige Supermarktleiterin. Heute führen sie die Geschäfte eines 50 mann- und fraustarken IT-Unternehmens. Im Interview sprechen die beiden über mentale Stärke, Optimismus, Wertschätzung, gute Gefühle - und nur ein bisschen über Fußball.
Liebe Steffi, wie erlangt man mentale Stärke? Gibt es ein Rezept, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Steffi Jones: Ich besaß schon immer mentale Stärke durch die Erfahrungen, die ich in meiner Kindheit gemacht habe. Ich glaube, zumindest dafür ist es gut, wenn man schon früh Widerstände erlebt hat. Ich weiß, dass ich damit klarkomme, wenn ich eine Niederlage einstecken muss oder einen Fehler gemacht habe.
Es geht darum, sich nicht aus der Bahn werfen zu lassen, sondern weiterzumachen. Letztendlich hast du nur diese beiden Optionen. Entweder du bist stark genug oder eben nicht und zerbrichst eventuell daran. Wobei ich mich immer schwer damit tue, jemanden als labiler oder sensibler zu bewerten. Es liegt auch ein Stück weit daran, welche Lebenserfahrungen ich bisher gemacht habe, wer mir vielleicht in schwierigen Situationen geholfen hat und auch, wie lange ich die Last schon mit mir herumtrage.
Wir sehen ja immer nur das Symptom „Dieser Mensch ist jetzt nicht mehr imstande, das selbst zu regeln.“ Es ist aber viel wichtiger, der Ursache nachzugehen. Und wenn ich das selbst nicht kann, brauche ich eben Menschen, die mir helfen. Das hat nichts damit zu tun, ob jemand stark ist oder nicht.
Am 10. Oktober war World Mental Health Day, ein Tag, der an die vielen Menschen erinnert, denen es mental nicht gutgeht.
Steffi Jones: Ich finde es unwahrscheinlich traurig, wenn sich Menschen das Leben nehmen, weil sie keinen Ausweg mehr sehen. Ich habe gerade erst meinen ehemaligen Torwarttrainer verloren. Das letzte Mal haben wir uns vor einem Jahr gesehen, und er war so herzlich und hat meine positive Ausstrahlung gelobt. Und dieser Mensch, den ich selbst so bewundert habe, der sieht keinen Ausweg mehr und nimmt sich das Leben. Ich habe im Nachhinein erfahren, dass er klinisch behandelt wurde. Ich wünsche mir, dass wir alle noch aufmerksamer sind und den Menschen – schon bei kleinen Anzeichen – mehr Aufmerksamkeit schenken, Trost spenden oder einfach nur für sie da sind.
Du bist sicher eine Optimistin?
Steffi Jones: Ganz klar: ja! Ich bin ein sehr positiv denkender Mensch. Es ist auch eine Einstellungssache, für sich selbst zu sagen: Das, was gerade passiert ist, kann ich jetzt nicht mehr ändern, aber ich kann es in der Zukunft ändern. Ich kann mich also ein Stück weit selbst manipulieren, würde ich sagen.
Ich motiviere mich damit, dass ich mich nur mit Dingen beschäftige, die ich ändern kann, und nicht immer nur das aufrufe, was nicht gut gelaufen ist, was negativ war.
Am 10. Oktober war Steffi Jones zu Gast beim pme Health Day 2023.
Würdest du dich als resilienten Menschen bezeichnen?
Steffi Jones: Ja, natürlich. Ich halte Dinge gut aus. Das geht aber manchmal nur, wenn ich so einen Menschen neben mir habe (deutet auf ihre Ehefrau Nicole). Ich schaffe das nicht immer allein.
Nicole Jones: Aber du bist schon sehr widerstandsfähig. Das hat jetzt nichts mit mir zu tun. Steffi kann sich durchbeißen. Schau mal, als du in Amerika Fußball gespielt hast, seid ihr bei 35 Grad auf den Platz gelaufen, und da hat keine aufgegeben. Die Sonne scheint jetzt stark am Himmel, uns ist warm, und wir haben Blasen an den Füßen. Sie rennt. Oder wenn du mit Steffi in einen Aerobic-Kurs gehst, was sie seit Jahren nicht gemacht hat, und jemand sagt vorne: „Weiter runter, weiter runter!“, dann macht sie das einfach. Sie gibt nicht auf.
Steffi Jones: Ich kann dann zwar vier Tage nicht mehr laufen …
Nicole Jones: Wenn du ein Ziel vor Augen hast, dann bist du so zuverlässig wie eine alte Dampflok. Du musst mit Widerständen, mit Niederlagen, mit all dem, was da mal auf dich einprasseln kann, umgehen können. Und das kann Steffi.
Die IT ist, genau wie der Fußball, eine männerdominierte Branche. Wie schafft ihr es als Frauen, euch da durchzusetzen?
Steffi Jones: Als Nicole anfing, war die Konstellation eine andere. Die Anerkennung war insofern sofort da, weil sie die Finanzen macht. Sie hat so viel Background, dass die Leute wissen, sie hat Ahnung von dem, was sie tut. Klar waren sie manchmal sauer, weil sie auch “den Igel in der Tasche” hatte, um Rücklagen zu schaffen und schon mal nein gesagt hat. Aber sie haben einen wahnsinnigen Respekt vor Nicole. Das hat etwas mit ihrer Ausstrahlung zu tun und mit ihrer geradlinigen Art. Sie schafft es, immer so unfassbar zu strahlen und positiv zu sein.
Nicole Jones: Als ich in die Firma gekommen bin, hatten wir einen Mitarbeiter. Ich habe alle, die danach kamen, eingestellt. Bei mir hat sich nie die Frage gestellt, ob ich die Chefin bin. Steffi musste sich die Akzeptanz hart erarbeiten. Sie war „die Fußballerin“. Der Job der Fußballtrainerin beim DFB ist im Grunde genau das Gleiche wie der Job einer Führungskraft in einem IT-Unternehmen oder in einem Supermarkt. Es geht darum, dass ich Menschen so führe, eine Organisation so aufbaue, dass sie den Wettbewerb morgen und übermorgen bewältigen können. Und Steffi kann das.
Natürlich kam dann der Ehrgeiz bei Steffi. Sie hatte sich das Ziel gesetzt, die Menschen dazu zu bringen, sie von sich aus zu akzeptieren, gerne mit ihr zusammenzuarbeiten und mit ihr zu gehen. Das hat sie geschafft.
Dann geht sie im Büro durch die Flure, spricht mit den Mitarbeiter:innen und ist bei jeder Mitarbeiterveranstaltung die Letzte, die geht. Sie sucht den Kontakt zu allen Mitarbeiter:innen, trinkt mit ihnen auch mal ein Glas Bier oder Wein, quatscht mit ihnen und erfährt Geschichten, die ich nie erfahren würde.
Steffi Jones (links) und Nicole Jones (rechts) sind Geschäftsführerinnen des IT-Unternehmens 5Minds.
Was tut ihr für die Gesundheit eures Teams?
Nicole Jones: Wir haben ein recht sportliches Team. Wir haben den Keller zum Fitnessstudio umgebaut, unsere Personalerin ist lizenzierte Aerobic-Trainerin. Wir haben richtig gute Schwimmer und richtig gute Fahrradfahrer bei uns, und wir haben Kollegen, die gerne Fußball spielen. Das Team macht gerne was zusammen. Sie gehen gemeinsam schwimmen oder machen Radtouren. Die Jüngeren gehen gerne in den Keller zum Pumpen. Für die, die nicht so gerne Sport machen, haben wir auch ein Feel-Good-Management.
Wie sieht so ein Feel-Good-Management bei euch aus?
Nicole Jones: Wir haben im Feel-Good-Management zwei Mitarbeiter, die z.B. anbieten, zusammen zu grillen oder Spieleabende zu machen. Im November gehen wir alle zusammen auf den Weihnachtsmarkt. Das geben wir nicht vor, es kommt aus dem Team heraus. Aber wir von der Geschäftsleitung versuchen, so oft es geht, dabei zu sein. Denn da erfährst du Dinge, die wichtig sind.
Steffi Jones: Unsere Mitarbeiter:innen schätzen sehr, dass ihre Wünsche wahrgenommen werden. Wir haben eine sehr gute Kommunikation im Team.
Nicole Jones: Ja, und die Familie geht immer vor! Denn wenn es deinem Inner Circle zu Hause nicht gutgeht, kannst du auf keinen Fall sorgenfrei zur Arbeit kommen. Unser Motto: Regle deine privaten Angelegenheiten und komm danach mit einem klaren Kopf zu uns zurück.
Was schätzen eure Teammitglieder am meisten an euch?
Nicole Jones: Meine Klarheit. Bei mir weißt du immer, woran du bist. Ich bin auch sehr vorausschauend. Wir beide sind im Job sehr unterschiedlich: Ich bin extremst verkopft, Steffi ist extremst mit dem Herzen dabei. Diese Mischung ist genial für die Firma.
Also ich habe natürlich auch viel Herz und Emotion, aber weniger im Business. Steffi ist der Herzmensch, sie schaut auch nach rechts und links und hört unglaublich auf ihr Bauchgefühl.
Steffi Jones: Ich habe zwar mein Bauchgefühl, aber die Dinge müssen auch eine bestimmte Logik für mich haben bzw. nachvollziehbar für mich sein. Und trotzdem hat mein Bauchgefühl mir immer das aufgezeigt, was sich im Nachhinein als richtig herausstellte. Heute kommuniziere ich den beiden anderen Geschäftsführern gleich am Anfang ganz offen, wenn mein Bauch Bedenken hat, lasse sie dann aber selbst entscheiden und gehe ihren Weg mit.
Was wünscht ihr euch für eure Zukunft?
Nicole Jones: Wir wünschen uns, dass das genau so weitergeht, wie es jetzt gerade ist. Und dass wir noch einige Jahre mit unseren Eltern, die uns sehr wichtig sind, haben. Wir heiraten nächstes Jahr nochmal im kleinen Kreis mit Familie und Freunden. Wir sind dann 14 Jahre ein Paar und zehn Jahre verheiratet. Und es wäre schön, wenn unser Unternehmen wirtschaftlich weiterwächst. Die Welt da draußen ist jetzt eine andere, und ich wünschte, dass die deutsche Wirtschaft wieder an die Zeit vor Corona anknüpft.