Wie sieht gesunder Schlaf aus?
Was hilft uns dabei, wieder erholsam zu schlafen? Schlaftracker? Regelmäßige Schlafzeiten? Oder der gute, alte Mittagsschlaf? Gesundheitsexpertin Sarah Morzinek erklärt im Interview, was erholsamen Schlaf ausmacht, und stellt eine einfache Atemübung vor, mit der wir zur Ruhe kommen.
Wie erkenne ich denn, was für eine Art Schläfer ich bin?
Sarah Morzinek : Man sollte sich darüber im Klaren sein: Wie viele Stunden Schlaf benötige ich? Es gibt Menschen, die gehen sehr spät ins Bett und stehen früh auf und fühlen sich trotzdem ausgeruht. Konträr dazu ist das Langschläfer-Prinzip: Selbst wenn sie um 22 Uhr ins Bett gehen, fällt es ihnen schwer, am nächsten Morgen um 6 Uhr aufzustehen. Sie fühlen sich nicht erholt, obwohl sie acht Stunden geschlafen haben.
Woran kann es liegen, dass ich mich nach acht Stunden Schlaf trotzdem gerädert fühle?
Das kann daran liegen, dass Ihr Biorhythmus nicht Ihrer Schlafzeit entspricht. Wenn Sie prinzipiell erst im Laufe des Tages aktiv werden und einfach kein Morgentyp sind, dann nützen Ihnen auch acht Stunden Schlaf nicht, wenn Sie um 6 Uhr aufstehen müssen. Der Biorhythmus ist bestimmt durch den genetischen Code, den können wir nicht ändern.
Natürlich kann es auch sein, dass Ihr Schlaf nicht erholsam war, weil Sie nicht im Tiefschlaf waren.
Warum verpasse ich diese Tiefschlafphase?
Sowohl physischer Stress als auch emotionaler Stress, also Themen, die uns emotional aufwühlen, können uns beim Schlaf heimsuchen. Oder Sie haben gerade viel um die Ohren, müssen viele Thematiken gleichzeitig bewältigen. Mit Blick auf Corona gibt es zudem veränderte Bedingungen, mit denen Sie sich vorher nicht auseinandersetzen mussten: dauerhaft im Home-Office, geschlossene Kitas, Homeschooling.
Aber auch körperliche Über- oder Unterlastung können unseren Schlaf stören. Beispielsweise kann es sein, dass Sie aktuell jemanden in der Familie haben, den Sie pflegen müssen. Oder Sie machen zu viel Bürotätigkeit im Sitzen vor dem Bildschirm und Ihnen fehlt der körperliche Ausgleich.
Was wäre ein erster Schritt, um wieder gut einzuschlafen?
Also erstmal sollten Sie wirklich schauen: Bin ich eine Lerche oder eine Eule? Also komme ich morgens gut aus dem Bett oder nicht? Und dann sollten Sie schauen, ob Sie Ihre Arbeitszeiten an Ihr Schlafbedürfnis anpassen können. Arbeitgeber*innen, die ihre Mitarbeiter*innen optimal einsetzen wollen, sollten deshalb Gleitzeit anbieten.
Und dann sollten Sie schauen, wie viel Schlaf Sie wirklich brauchen. Das können Sie nicht einfach umgehen. Sie sollten also Ihre Tagesplanung danach ausrichten. Außerdem sollten Sie überlegen, wie hoch Ihr Stresslevel ist und wie lange Sie eventuell schon unter Strom stehst. Ein chronisches Stresslevel stört den Schlaf erheblich.
Wie wichtig sind regelmäßige Schlafzeiten?
Egal, ob du Kurzschläfer oder Langschläfer bist: Jeder braucht regelmäßige Schlafzeiten, die dem Körper signalisieren: Okay, zu diesen Zeiten soll ich aktiv sein und zu jenen habe ich meine Ruhezeit. Regelmäßig heißt, dass ich immer im gleichen Zeitfenster ins Bett gehe und aufstehe – plus minus 30 Minuten. Um zu schauen, wie gut das gelingt, kann eine Smartwatch oder ein Schlaftracker hilfreich sein.
Kann mir ein Mittagsschlaf helfen, wenn ich schlecht geschlafen habe?
Einfach mal zwischendurch Mittagsschlaf machen, ist ein ganz großer Fehler, wenn man Schlafschwierigkeiten hat. Entweder man macht immer Mittagsschlaf oder nie. Denn wenn ich anfange, routiniert Mittagsschlaf zu machen und das dann wieder unterbreche, hat der Körper sich eine Strategie antrainiert, die er nicht wieder so schnell ablegen kann.
Ist das beliebte Power Napping auch ungünstig?
Nein, beim Power Napping geht es darum, dass man wirklich nur 15 Minuten in eine leichte Schlafphase geht und ein bisschen runterfährt. Sie versetzen Körper und Geist in eine kurze Pause. Dabei sind Sie aber trotzdem immer noch ansprechbar: Wenn ich Ihnen dabei auf die Schulter klopfen würde, würden Sie wach werden.
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Zu den Datenschutzeinstellungen »Wann erreichen wir die Tiefschlafphase?
Ein Schlafzyklus dauert in der Regel 90 Minuten. Am Ende erreichen wir die Tiefschlafphase. Danach wachen wir kurz auf bzw. kommen in eine leichte Schlafphase. Hier können wir schnell wach werden, zum Beispiel durch Verkehrsgeräusche.
Wie viele Tiefschlafphasen sollte man optimalerweise in einer Nacht haben?
Das kommt ein bisschen darauf an, welche Art Schläfer*in man ist. Kurzschläfer schlafen durchschnittlich nur vier Stunden, Langschläfer brauchen bis zu 14 Stunden Schlaf. Unser Schlafbedürfnis ist sehr individuell. Ein Kurzschläfer hat logischerweise weniger Tiefschlafphasen. Trotzdem fühlt er sich nicht weniger erholt am nächsten Tag.
Schlaftracker und Schlaf-Apps sind in aller Munde. Was kann man sich davon versprechen?
Schlaftracker können uns bestimmte Richtwerte liefern, zum Beispiel zur Schlafzeit und zu Schlafphasen. Gehe ich zum Beispiel immer zur gleichen Uhrzeit ins Bett? Wie viele Stunden verbringe ich im Bett? Wann stehe ich auf? Wie viele Tiefschlafphasen habe ich? Diese Fragen beeinflussen unsere Schlafqualität. Natürlich wird ein Schlaftracker oder eine Schlaf-App uns nicht dabei helfen, aus Schlafstörungen herauszukommen. Sie kann aber dabei unterstützen, unsere Schlafqualität zu erhöhen.
Haben solche Geräte nicht hohe Fehlerquoten?
Das große Problem ist, dass sie schon glauben könnten, dass man nur schläft, wenn man nur liegt. Wenn Sie zum Beispiel sowieso einen sehr niedrigen Blutdruck haben, dann kann es sein, dass der Schlaftracker überhaupt nicht erkennt, ob Sie inaktiv oder aktiv sind, weil Ihre medizinischen Richtwerte möglicherweise nicht der Norm entsprichen.
Sind die Angaben des Schlaftrackers in diesem Fall sinnlos für mich?
Sie erkennen auf dem Gerät auf jeden Fall, wie viele Tiefschlafphasen Sie hatten. Der Tiefschlaf ist die wichtigste Phase für uns, weil wir uns dabei komplett erholen, unser Gehirn vollbringt keine großen kognitiven Leistungen mehr. Nur im Tiefschlaf verarbeiten wir keine Tagesinhalte mehr. Wenn wir aber nicht in die Tiefschlafphase kommen, haben wir keinen hohen Erholungseffekt. Dadurch fühlen wir uns morgens gerädert.
Gibt es einen konkreten Tipp, wie ich in einer unruhigen Nacht runterkommen kann?
Versuchen Sie es es mit der 4-6-8-Atemübung. Sie atmen vier Sekunden lang ein, danach halten Sie den Atem sechs Sekunden lang. Dann atmen Sie acht Sekunden lang aus. Die Übung ist sehr einfach und effektiv!
Wir sind es überhaupt nicht mehr gewöhnt, langsam zu atmen. Die Atemübung steuert unseren Parasympathikus an, also genau den Bereich im Nervensystem, der uns beim Erholen und Einschlafen hilft.
Sarah Morzinek hat eine Praxis für Coaching & Psychologische Beratung und besitzt mehrjährige Erfahrung als Dozentin in der Hochschullehre mit dem Fokus BGM.