Sexualität bei Kindern

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„Sexualität ist Bestandteil der kindlichen Entwicklung“

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21.08.2019
Sabrina Ludwig
8278

Geht es um kindliche Sexualität, sind viele Eltern befangen oder peinlich berührt. Aber warum eigentlich? Wie ein offener Umgang gelingen kann, erklärt Sexualpädagoge Ulrich Kaulen im Interview.

Sind Krippen- oder Kindergartenkinder eigentlich alt genug für das Thema Sexualität?

Ulrich Kaulen: Kindern geht es in erster Linie um das Entdecken und Erkunden, ihre Beschäftigung mit Sexualität ist nicht nur körperlich, sondern hat auch eine soziale Komponente. Sexualerziehung bedeutet nicht Aufklärung im Sinne einer Vermittlung von Informationen. Die Frage ist also nicht, wann ein Kind alt genug ist, denn Kinder haben von Beginn an eine Sexualität – das beginnt schon damit, dass das Wickeln für Kinder ein lustvolles Erlebnis sein kann. Beispielsweise geht es darum, dass sich das Kind in seinem Körper wohlfühlt, sich als Junge oder Mädchen wahrnimmt oder sich – etwa beim Vater-Mutter-Kind-Spiel – mit seiner Familie beschäftigt. Bei der Vermittlung von Informationen gibt es eine einfache Faustregel: Wenn ein Kind reif für die Frage ist, ist es reif für eine Antwort.
 

Warum tun sich viele Erwachsene mit kindlicher Sexualität so schwer?

Ulrich Kaulen: Viele nehmen ihre eigene Sexualität, ihre eigenen Erfahrungen als Maßstab. Doch die Sexualität von Erwachsenen ist anders als die der Kinder – sie ist zielgerichtet und genital. Kinder dagegen trennen nicht zwischen Zärtlichkeit, lustvollen Körpererfahrungen und genitaler Sexualität. Geht es um Sexualität bei Kindern, denken Erwachsene oft daran, Kinder vor schlechten Erfahrungen zu bewahren. Das ist schade, denn so ist ein wichtiger Bereich der kindlichen Entwicklung von vorneherein negativ behaftet.
 

Worin kann die Rolle der Erwachsenen bestehen?

Ulrich Kaulen: Erwachsene können ihre Kinder liebevoll begleiten und ihnen einen offenen, positiven Umgang mit Sexualität vorleben. Ich finde es auch wichtig, dass es in der Familie eine Sprache für sexuelle Dinge gibt. So wie Eltern Körperteile wie Arm und Bein selbstverständlich benennen, sollte sie auch Worte für die Sexualorgane finden – Penis und Scheide oder auch andere Bezeichnungen wie zum Beispiel Pullermann.
 

Bei aller Offenheit: Wenn sich Kinder in der Öffentlichkeit an die Genitalien fassen, kann das schon peinlich sein.

Ulrich Kaulen: Man kann Kindern einfach sagen, dass manche Dinge in den Privatbereich gehören. Das bietet sich an, wenn Kinder gerne ihre Genitalien berühren, aber auch, wenn sie in der Nase bohren – es ist also nicht auf den sexuellen Bereich beschränkt. Eine einfache Formulierung wie „Das kannst du tun, wenn du alleine bist“ werden die meisten Kinder verstehen lernen, ohne dass sie das Gefühl haben, sie hätten etwas falsch gemacht. Wahrscheinlich müssen Eltern einen solchen Hinweis mehrmals geben – wie bei allen anderen Dingen brauchen Kinder auch hier die Zeit, es zu verinnerlichen.
 

Stichwort Doktorspiele: Sind die zu Hause oder in der Kita in Ordnung?

Ulrich Kaulen: Doktorspiele – wir nennen sie Körpererkundungsspiele – sind bei Kindern etwas ganz Normales. Manche Erwachsene sehen solche Spiele aber automatisch als Gefährdung für ihr Kind an. Wenn die Kinder sie aus eigenem Antrieb spielen und sich dabei wohlfühlen, sollten Erwachsene das respektieren. Aber es kommt immer auf die Situation und die Motive der Kinder an: Problematisch wird es, wenn der Altersunterschied zwischen den Kindern groß ist, wenn einzelne Kinder Erwachsenensexualität nachspielen oder andere Kinder zu etwas zwingen.
 

Was empfehlen Sie Eltern, die sich angesichts einer Situation zwischen Kindern unwohl fühlen?

Ulrich Kaulen: Hier empfiehlt es sich immer, zuerst einmal innezuhalten: Statt eine isolierte Situation sofort zu bewerten und gleich aktiv zu werden, sollten sie versuchen, sich ein Bild von der Gesamtsituation zu machen. Hilfreich ist es immer, erst einmal mit anderen Erwachsenen zu sprechen, zum Beispiel mit Erzieherinnen oder Erziehern.
Meine Erfahrung ist, dass Eltern bei Situationen zwischen Kindern sehr unterschiedlich reagieren, je nachdem ob sie eine sexuelle Komponente haben: Eine kleine Rauferei im Sandkasten kann oft sachlich behandelt werden – ist aber Sexualität im Spiel, führt das schnell zu Ängsten. Doch auch hier geht es oft einfach darum, Grenzen zu setzen, sich zu einigen, Konflikte zu lösen. Dabei kann man Kinder unterstützen, klar zu sagen: „Hör auf, das will ich nicht!“.
 

Haben Sie eine Literaturempfehlung für Eltern?

Ulrich Kaulen: Was alle Eltern und Pädagogen lesen sollten, ist eine Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dem Titel „Liebevoll begleiten – Körperwahrnehmung und körperliche Neugier kleiner Kinder“.

 


Ulrich Kaulen ist Diplom-Sozialpädagoge, Sexualpädagoge, Supervisor und systemischer Coach mit eigener Praxis. Er hat lange Jahre im Kinderschutzzentrum Hamburg in der sexualpädagogischen Beratung mit Behörden, Eltern, Fachteams und Kindern gearbeitet.

Die Lernwelten-Kitas des pme Familienservice berät er zu allen Fragen rund um Sexualität und Kinderschutz und bietet Fortbildungen für Teams und Eltern an.

 

 

Das Interview führte Gabriele Strasser. Photo by Limor Zellermayer on Unsplash

 

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