Wie haben Sie sich arbeitstechnisch auf Ihr Sabbatical vorbereitet?
Carla Hees: Ich bin ein recht strukturierter Mensch, der ungern anderen unerledigte Arbeit hinterlässt. Daher habe ich tatsächlich schon zwei Jahre vor dem Start und nach dem „Go“ unserer Geschäftsführerin erste Vorbereitungen getroffen. Mir war es vor allem wichtig, dass mein Team von Anfang an die Entscheidung mitträgt. Sonst hätte das Ganze nicht funktionieren können.
Wir haben miteinander im Team die Aufgaben gesammelt, die von mir übernommen werden mussten. Ein gutes Jahr vorher habe ich damit begonnen, diese Stück für Stück an meine Teammitglieder zu übergeben, damit ich als Ansprechpartnerin bei Fragen noch erreichbar bin. Leider hat mich dann eine unerkannte atypische Lungenentzündung zwei Monate ausgeknockt, und einige Aufgaben mussten in dieser Zeit des Testlaufs komplett ohne mich bewältigt werden, ohne Vorbereitung, ohne Übergabe oder Ansprechbarkeit meinerseits.
"Ich weiß, dass meine Teammitglieder eigenständig arbeiten. Ich hatte nie Bedenken."
Und das ging gut?
Ja, alles lief bestens. Ich hatte allerdings auch nie Bedenken, dass meine dreimonatige Abwesenheit ein Problem für das Unternehmen oder mein Team darstellen könnte. Ich weiß, dass ich eigenständige und verantwortungsvolle Teammitglieder habe. Hätte ich dieses Vertrauen nicht gehabt, hätte ich das nie machen können. Ich glaube, am Ende waren sie sogar ganz froh, dass ich endlich weg war (lacht). Die vielen Übergabeprotokolle, To-do-Listen und Erinnerungen haben sicher alle etwas angestrengt.
Wie plant man ein Sabbatical? Welche Stellen im Unternehmen muss man kontaktieren?
Zum einen gibt es ganz klare gesetzliche Vorschriften über insolvenzsichere Konten für die Ansparsumme und die Mindesthöhe der ausgezahlten monatlichen Beträge während der Abwesenheit. Bei uns im Unternehmen haben wir außerdem noch die Vereinbarung, dass die Ansparzeit mindestens ein Jahr betragen muss. Ansonsten ist es recht unkompliziert. Man formuliert sein Interesse an einer Auszeit so konkret wie möglich mit Zeitraum der Abwesenheit, Ansparzeitraum usw., holt sich das „Go“ der Führungskraft, rechnet mit der Personalabteilung die monatliche Ansparsumme aus und macht den Vertrag fertig. Wichtig zu wissen ist vielleicht, dass die monatliche Auszahlung während des Sabbaticals mindestens 70 Prozent des Nettoeinkommens betragen muss – und diesen Betrag muss man sich eben vorher ansparen.
"Ich kann nun viel relaxter auf manche Dinge schauen."
Es ist nicht üblich, als Führungskraft eine längere Auszeit vom Job zu nehmen. Waren Sie Vorreiterin bei sich im Unternehmen, oder haben bereits andere Führungskräfte vor Ihnen ein Sabbatical gemacht?
Ich bin nicht die erste Führungskraft bei uns im Unternehmen. Das haben schon ein paar andere vor mir gemacht, auch über längere Zeiträume. Abgesehen von den Führungskräften nutzen auch viele Teammitglieder bei uns die Möglichkeit, ein Sabbatical zu machen – sei es, um mehr Zeit für die Familie und Freunde zu haben, sich privat fortzubilden oder, wie ich, zu reisen. Es ist ein Angebot, das ganz klar allen unseren Teammitgliedern offensteht.
Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, ein Sabbatical zu machen?
Ich liebe das Reisen und wollte schon immer die Länder auf der anderen Seite des Erdballs erkunden, die mir aus zeitlichen Gründen bisher verschlossen geblieben waren.
Wenn Sie heute noch einmal vor einem Sabbatical stehen würden, würden Sie etwas anders machen?
Ich würde nichts anders machen. Es hat alles super funktioniert. Und die Auszeit selbst war so ein unglaublicher Gewinn, dass ich mir vorgenommen habe, ein weiteres Mal dieses Angebot zu nutzen – und zwar bevor ich 55 Jahre alt werde. Ich verrate jetzt allerdings nicht, wie schnell das wieder sein wird (lacht).
Ich kann jedem nur empfehlen, ein solches Angebot zu nutzen, wenn es besteht – vor allem Führungskräften. Traut euch, es lohnt sich! Das Eintauchen in fremde Kulturen und ein zeitlicher Abstand zum Arbeitgeber lassen mich nun viel relaxter auf manche Dinge schauen. „No worries“, wie der Australier zu sagen pflegt – das begleitet jetzt auf alle Fälle meinen beruflichen Alltag.
Carla Hees ist Regionalleiterin Ost, Marketingleiterin und Führungskräfte-Coach beim pme Familienservice. Letztes Jahr reiste sie drei Monate durch Hongkong, Shanghai, Australien und Neuseeland. Die Auszeit hat ihr so gut gefallen, dass sie bereits das nächste Sabbatical plant. Noch im Kopf. Aber das "Go" von ihrem Team ist ihr sicher.
Überlastung vorbeugen, Veränderungsprozesse begleiten, persönliche Balance wahren: unsere Führungskräfte-Coachings
Von Führungskraft zu Führungskraft: Ob persönlich unter vier Augen oder im Feedback-Gespräch mit Ihrem Team – unsere Business-Caches wissen aus eigener Führungspraxis, was Sie herausfordert, und unterstützen Sie bei der Lösung konkreter Fragestellungen.
Mehr über unsere Angebote und Coaches erfahren Sie hier: www.familienservice.de/fuehren