pme spendet: Klimaschutz Göttingen
Rainer-W. Hoffmann ist Klimaaktivist. 2006 gründete der 83-Jährige den Umweltverein „Klimaschutz Göttingen“. In den vergangenen Jahren verschaffte sich die kleine Organisation durch kluge und vorausschauende Projekte Gehör in der Öffentlichkeit für das Thema Umweltschutz. Der pme Familienservice spendete dem niedersächsischen Verein nun 5.000 Euro, die er in sein neuestes innovatives Zukunftsprojekt „Grünes Klassenzimmer“ investierte, eine kirgisische Jurte als nachhaltiges Klassenzimmer.
Der Klimaschutz Göttingen e.V. setzt sich seit vielen Jahren für den Umweltschutz in der Region ein. Aus welcher Intention heraus haben Sie den Verein damals gegründet?
Rainer Hoffmann: Als langjähriger Professor für Sozialwissenschaften hatte ich auch mit Umweltthemen zu tun. Somit war es für mich leichter, den sich abzeichnenden Klimawandel zu erkennen. Mit der Pensionierung wollte ich mich mehr auf Klimafragen konzentrieren und somit haben meine Mitstreiter:innen und ich den Klimschutz Göttingen gegründet.
Immer mehr junge Menschen setzen sich in Zeiten der sich zuspitzenden Klimakrise öffentlichkeitswirksam für das Thema Umweltschutz ein. Wie beobachten Sie diese Entwicklungen?
Wir haben diese Bewegung von Anfang an mit aktiver Sympathie begleitet. Einerseits sind wir mitgegangen bei den Veranstaltungen der Aktivist:innen von Fridays for Future, haben den einen oder anderen Redebeitrag beigesteuert und sie umgekehrt eingeladen, an unseren Veranstaltungen mitzuwirken – zum Beispiel im Rahmen der Göttinger Klimaschutztage.
Irgendwann war die Bewegung so groß geworden, dass sie eine Unterstützung durch unseren - relativ kleinen - Verein nicht mehr benötigte. Von da spannt sich ein sehr großer Bogen zu den aktuellen Entwicklungen mit der „Letzten Generation“ und „Ende Gelände“ und vergleichbaren Gruppierungen. Wir sehen mit Entsetzen, was in der Öffentlichkeit an Diskriminierung und falschen Anschuldigungen fällt.
Welche Projekte haben Sie in den letzten Jahrzehnten erfolgreich realisiert?
Da war beispielsweise die sogenannte Eisblockwette, eine öffentliche Veranstaltung, die sich auf das Thema Wärmedämmung bezog. Wir haben mitten in der Stadt zwei kleine Häuschen aufgebaut und sie jeweils mit einem großen Eisblock mit je einem Kubikmeter Eis bestückt. Die eine Hütte war gar nicht gedämmt, die andere auf hohem fachlichem Niveau. In einem Preisausschreiben sollten die Leute schätzen, wie viel von dem Eis in den beiden Häuschen nach einigen Monaten noch vorhanden sein würde.
Wir legen viel Wert darauf, mit unseren Aktionen Normalverbraucher:innen anzusprechen. In fachlich anspruchsvollen Veranstaltungen, Vortragsreihen und dergleichen erreicht man meist immer dieselben Leute. Die breite Bevölkerung, auf die es schlussendlich ankommt, wird häufig einfach nicht angesprochen. An der Eisblockwette haben sehr viele Menschen - mehrere hundert - teilgenommen. Es war ein sehr erfolgreiches Projekt, das anschließend in zwei weitere Städte exportiert wurde und da dieselbe Aufklärungsarbeit leistete.
Ihr umweltpädagogischer Ansatz galt schon vor vielen Jahren als innovativ. Können Sie uns mehr darüber sagen?
Ja, unser umweltpädagogischer Ansatz lässt sich in vier Aspekte aufsplitten:
Adressatenkreis: Wir richten unsere Aktionen immer an Normalverbraucher:innen und nicht lediglich an das klassische akademische Publikum, das wissenschaftliche Zeitungen liest und entsprechende Kongresse besucht.
Methode: Wenn man Normalverbraucher:innen erreichen möchte, muss man andere Wege gehen und etwas zum Anschauen, Staunen und Ausprobieren bieten.
Lokalitäten: Es sind nicht die Universitätsräume oder Galerien, die wir für unsere Aktionen nutzen, sondern alltäglich Orte, an denen sich die breite Masse der Leute sowieso trifft, wie Freibäder, Bürgerfeste, Stadtteilfeste.
Moderne Medien: Auch die sozialen Medien helfen, einen Zugang zu einer großen Öffentlichkeit zu finden.
Sie haben 5.000 Euro Spende vom pme Familienservice erhalten. Wie setzen Sie die Spendensumme ein?
Wir nutzen die Spende vom pme Familienservice für ein tolles Projekt, das unter dem Titel „Grünes Klassenzimmer“ begann. Wir haben eine originale kirgisische Jurte auf dem Gelände einer großen Schule aufgebaut. In dieser Jurte kann ein neuer Klassenraum eingerichtet werden, der gemütlicher ist als die Betonkisten aus den 1970er Jahren. Das ist ein 100 % ökologisch einwandfreies Bauwerk, das nur aus Filz, Leder und Holz besteht. Würde man solch eine Jurte in der Natur stehen lassen, würde sie sich durch Naturprozesse rückstandslos auflösen.
Die kirgisische Jurte als nachhaltiges Klassenzimmer.
Dazu bauten wir einen Biomeiler. Das ist eine riesige Kompostheizung mit einem Durchmesser von 6 bis 7 Meter Breite und 2 bis 3 Meter Höhe. In dem Biomeiler stecken reine Holzabfälle, die überall anfallen, wie Altholz oder Baumschnitte. Durch mikrobiologische Abbauprozesse entstehen in einem Biomeiler Temperaturen von 60 bis 70 Grad Celsius. So kann die Jurte beheizt werden. Demnächst erhält sie noch eine gut gedämmte Unterkonstruktion mit normaler Fußbodenheizung. Wenn alles klappt, kann die Jurte ab Herbst genutzt werden.
Der Biomeiler ist eine ökologische Heizung.
Mit der Spende vom pme Familienservice konnten wir das Projekt zusätzlich mit Solarenergie aufstocken. Somit ist es jetzt eine kleine, autarke ökologische Einheit mit dem Namen „oecOase“.
Adressaten dieses Projekts sind Kinder und Jugendliche einer Produktionsschule in Göttingen, die hochgradig gefährdet sind, ohne jeden Bildungsabschluss ins Erwachsenenleben zu kommen. Das Ziel der Ausbildung ist der Hauptschulabschluss. Die Jugendlichen bekommen darüber hinaus eine Grundausbildung in Holz, Metall und Hauswirtschaft. Außerdem wird gerade ein neuer Schulgarten eingerichtet, in dem u.a. unsere oecOase steht.
Wir haben die Hoffnung, dass die Schüler:innen anhand dieses Projekts lernen, dass solch ein kreislaufwirtschaftliches Modell funktioniert, und dass sie technische Kenntnisse erwerben, die ihnen später helfen, beispielsweise in modernen Handwerksbetrieben eine Anstellung zu finden.
Wie schaffen wir es, dass sich mehr Menschen für den Umweltschutz einsetzen?
Ich denke, dass der bereits dargelegte interdisziplinäre Ansatz der erfolgreichste Weg ist, Menschen für den Umweltschutz zu begeistern oder zumindest den Blick zu öffnen. Je früher man Menschen für das Thema interessieren kann, desto besser. Vor allem kann man viel über Kinder erreichen, indem man sie von früh an pädagogisch begleitet.
Hierzu haben wir bereits verschiedene Projekte umgesetzt, wie die „Open Expo“. Wir wollten, dass Kinder und Jugendliche ihre Sichtweise auf die eigene Klimazukunft darstellen und haben hierfür mit verschiedenen Schulen zusammengearbeitet. Wir haben in der Summe weit über 200 Bilder von Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen bekommen, in denen sie ihre Ängste, aber auch ihre Hoffnungen und andere kreative Ideen zu Papier gebracht haben. Wir haben die Bilder dann an Orten ausgestellt, an die die Menschen sowieso hingehen, wie Rathäuser, Verwaltungsgebäude, das Amtsgericht oder auch andere Schulen. Diese Veranstaltungsreihe hat einen sehr großen Anklang gefunden und ist im vorigen Jahr sogar in die Göttinger Partnerstadt Toruń in Polen transferiert worden und soll 2024 nach Frankreich gehen und dort einen vergleichenden Wettbewerb anregen.
Soziales Engagement des pme Familienservice
Ob in der Flüchtlingshilfe, bei Projekten für Kinder oder Obdachlose – viele Teammitglieder des pme Familienservice engagieren sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich. Auch der pme Familienservice unterstützt soziale Projekte in Deutschland und der ganzen Welt. Im Jahr 2022 spendete das Unternehmen insgesamt 100.000 Euro an acht gemeinnützige Vereine, die sich tagtäglich unter anderem für benachteiligte Menschen, Kinder und Jugendliche oder für Klimathemen stark machen. Alle 2000 Teammitglieder hatten die Möglichkeit, Vorschläge für soziale Projekte einzureichen, die sie für besonders unterstützenswert halten. Die Vereine mit den meisten Stimmen erhielten eine Spende, um ihre Projekte umsetzen zu können.