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Alte Frau mit Sohn umarmen sich
Alter & Pflege

Pflege bei Demenz: Wie vermeide ich Überforderung?

Wer einen Angehörigen pflegt, bewegt sich oft am Rande der Erschöpfung. Besonders Menschen mit Demenz fordern ihre Pflegekräfte. Unsere Expertin Ina Riechert kennt wirksame Tipps, wie Sie Warnsignale erkennen und gut für sich selbst sorgen. 

„Eine Hand für dich und eine Hand fürs Schiff“ – diese alte Regel für Sicherheit an Bord lässt sich auf die Pflege von Angehörigen übertragen. Auch hier gilt es, gut für sich selbst zu sorgen und körperlich und seelisch gesund zu bleiben.

Klingt einfach, ist aber in der Praxis nicht immer leicht umzusetzen. Jede und jeder pflegende Angehörige möchte es sicherlich besonders gut machen. Darin liegt immer die Gefahr, sich zu übernehmen, die eigenen Grenzen nicht wahrzunehmen, psychische Belastungen zu ignorieren und nicht rechtzeitig Unterstützung zu organisieren. 

Erschöpfungssignale ernst nehmen

Oft geraten pflegende Angehörige schleichend in eine Erschöpfung, ohne es zu bemerken. Dabei gibt es eindeutige Signale, die der Körper zuerst aussendet. Dazu gehören Schmerzen aller Art, Schlafstörungen oder Energieverlust.

Bleiben solche körperlichen Signale lange unbeachtet, wird sich die Seele melden und die Notbremse ziehen. All diese körperlichen und psychischen Signale dienen dem Selbstschutz und sollen vor den Folgen von Dauerstress schützen. 

Der Schlüssel: Bewegung und Entspannung 

Nehmen Sie die Signale Ihres Körpers ernst und achten Sie auf Ihre Gesundheit. Gönnen Sie Ihrem Körper Zeiten für Bewegung und Entspannung. Bewegung beinhaltet Spaziergänge, Fahrrad fahren, Schwimmen, Joggen, kurzum alle Formen von Bewegung an der frischen Luft. Der Entspannung dienen gemütliche Pausen, ausreichend Schlaf, Genuss, Kultur, Meditation und Entspannungsübungen.

Wenn Sie Ihren Erschöpfungsprozess stoppen wollen, nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Beginnen Sie mit einem „heiligen“ Termin in der Woche, an dem Sie etwas für sich tun. Diesen halten Sie konsequent ein und verteidigen ihn gegen alle „Anfeindungen“ – auch gegen den inneren Schweinehund. 

 

5 Sätze für mehr Selbstfürsorge

1.    Fünfe gerade sein lassen

Alles zu seiner Zeit: Anstatt drei Dinge gleichzeitig voranbringen zu wollen, können Sie es auch einmal entspannt angehen. Wenn Sie eine Pause oder eine längere Auszeit brauchen, muss Zeit dafür sein. Ein Mensch mit Demenz wird ohnehin dafür sorgen, dass alles langsamer geht. Ihnen wird es guttun, sich an sein Tempo anzupassen und sich auf die wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren: liebevolle, wertschätzende Begegnung und Hilfestellung, wo es nötig ist. Eine blitzblank geputzte Wohnung ist dann eher zweitrangig, regelmäßige Pausen sind dagegen sehr wichtig.

2.    Gut ist gut genug

Sie können grundsätzlich annehmen, dass Sie das Bestmögliche für Ihren Angehörigen tun – auch wenn Sie sich Auszeiten gönnen, Fehler erlauben, Hilfe einfordern und bei allen Aufgaben gut für sich selbst sorgen. Es gibt keinen Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie auf sich achten – das stört nur den Schlaf und macht schlechte Laune. Das kann niemand wollen. 

3.    Ein guter Mensch zu sein heißt auch gut zu sich selbst zu sein

Nur wer gut zu sich selbst ist, kann dauerhaft gut zu anderen Menschen sein. Wenn Sie dauernd ihre Grenzen missachten und sich in einer Erschöpfungsspirale auf eine Depression oder andere körperliche Erkrankungen zubewegen, ist niemandem geholfen. Nur wenn Sie sich selbst wichtig nehmen, gut für sich sorgen und guten Mutes bleiben, können Sie lange vergnügt und vor allem gesund für andere da sein. 

4.    Ich muss nicht alle Aufgaben übernehmen

Nehmen Sie Ihrem Angehörigen nicht vorschnell Arbeiten ab. Aufgaben zu haben tut auch den Menschen mit Demenz gut. Sie trainieren dabei ihre Fähigkeiten und behalten ihren Selbstwert. Aufgaben für sie zu übernehmen, bedeutet bei Menschen mit Demenz, ihnen etwas wegzunehmen, ihnen deutlich zu machen, dass sie Hilfe brauchen. Das lässt sie ihre Defizite und den Verlust von Fähigkeiten besonders spüren. Hilfe benötigen Menschen mit Demenz erst, wenn es gar nicht mehr geht; nicht aber, wenn es nur länger dauert und das Ergebnis nicht so schön wird.

5.    Ich darf es mir leicht machen

 „Wie kann ich es leichter haben?“. Diese Frage kann Sie für die ganze Zeit der Betreuung begleiten. Sich um einen Menschen mit Demenz zu kümmern, verlangt Ihnen viel ab. Sorgen Sie für Entlastung, wo Sie können. Ein hilfreicher Tipp aus der Stressforschung: Es entlastet, Dinge, die man nicht ändern kann, als gegeben anzunehmen und sich nicht innerlich zu wehren oder zu sträuben.

Holen Sie sich Unterstützung und Begleitung

Pflegende Angehörige brauchen Begleitung, eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner, mit dem sie offen über alle Sorgen und Gefühle sprechen können und der/die sich in die emotionalen Probleme von Angehörigen einfühlen kann. Möglichkeiten der Entlastung bieten unter anderem die Alzheimergesellschaften, Beratungsstellen sowie Tagesstätten und Demenz-WGs an. 

Deutsche Alzheimer Gesellschaft

Wir pflegen!

Wegweiser Demenz

 

 Buchtipp: „Was kommt bei Demenz auf uns zu?“ von Ina Riechert

Dieser Ratgeber befasst sich umfassend mit der Situation der Betreuenden von Menschen mit Demenz von der Diagnose bis zum Tod. Das Buch ist angereichert mit „Fallgeschichten“ aus dem wahren Leben und vermittelt zu vielen Fragen Hintergrundwissen.

Am Ende jedes Kapitels gibt die Autorin handfeste, praktische Tipps und Hinweise, wo Angehörige sich Hilfe holen, Möglichkeiten der Entlastung finden und für ihre seelische Balance sorgen können. Das Ziel des Buches ist, die Betreuenden so weit zu unterstützen, dass die Menschen mit Demenz so lange wie möglich in der gewohnten Umgebung bleiben können. Alternativ werden verschiedene Wohnformen beschrieben und Tipps für die Suche nach einer passenden Unterbringung gegeben.
Springer Verlag Heidelberg 2022

 

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