Warum haben so viele Menschen so lebhafte Erinnerungen an ihre Jugendzeit? Und warum kümmern sich Jugendliche so sehr um das Werturteil ihres Freundeskreises, dass sie dabei alles andere vernachlässigen und immer wieder Konflikte mit ihren Eltern riskieren? Ein Beitrag des amerikanischen Psychologen Frank T. McAndrew im US-Wissenschaftsmagazin „The Conversation" liefert interessante Antworten auf diese Fragen.
Übergroße Freude, Suche nach Anerkennung und Beliebtheit, Unsicherheit und auch Beschämung – die Jugendzeit ist mit starken Emotionen behaftet. Und diese sind für McAndrew der Grund, warum wir uns so sehr an Ereignisse aus dieser Zeit erinnern, denn Emotionen signalisierten dem Gehirn, dass wichtige Dinge geschehen. Zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr gebe es eine regelrechte Erinnerungsspitze, deshalb blieben uns Ereignisse aus dieser Zeitspanne am stärksten im Gedächtnis, so der Wissenschaftler.
Die Hintergründe des Gruppendrucks
Eltern von Jugendlichen verzweifeln oft daran, dass ihre Kinder nur noch auf das Werturteil von Gleichaltrigen bedacht sind – und dabei vieles andere wie etwa den schulischen Erfolg vernachlässigen. Aber warum ist das so? Eine Antwort fand McAndrew in der Evolutionspsychologie: Unsere Vorfahren lebten in relativ kleinen Gruppen, meist ein Leben lang. Der soziale Status innerhalb dieser Gruppe – Ansehen als guter Jäger oder Krieger, Beliebtheit als Partner – festigte sich in der Zeit der Adoleszenz und veränderte sich später nicht mehr grundlegend, so seine Theorie. Ein starker Konformitätsdrang sorgte dafür, dass man sich nicht zu stark vom Freundeskreis entfernte, schließlich sei die Ausgrenzung aus der eigenen sozialen Gruppe einem Todesurteil gleichgekommen.
Das sei zwar heute nicht mehr so, denn ein neuer Start ist jederzeit möglich, zum Beispiel durch einen Umzug. Aber zum einen fehle es Jugendlichen – anders als den Eltern – am Blick für die Langzeitperspektive. Zum anderen – und hier schließt sich der Kreis – seien Erlebnisse mit Gleichaltrigen oft mit starken Emotionen verbunden und werden deshalb als besonders bedeutsam wahrgenommen.
Quelle:
Frank T. McAndrew: Why high school stays with us forever, The Conversation