9 Tipps für eine positive Fehlerkultur
Darina Doubravová, Trainerin beim pme Familienservice, kennt die Hürden. Sie hat neun Tipps, wie Sie als Führungskraft eine Fehlerkultur im Team oder Unternehmen etablieren und richtig vorleben.
1. Stellen Sie die Frage nach dem „Warum“.
Am Anfang steht die Auseinandersetzung mit den Gründen. Warum wollen Sie überhaupt eine Fehlerkultur im Unternehmen etablieren? Und was soll sich dadurch verändern? Ich persönlich habe die Erkenntnis verinnerlicht, dass ich immer Fehler machen werde, weil man einfach nicht perfekt sein kann. Wenn ich aber grundsätzlich alles richtig machen will und an meiner Einstellung nichts ändere, werden mich Fehler in Stress und Ärger versetzen. Am Ende werde ich dauerhaft unzufrieden sein oder sogar krank werden.
2. Differenzieren Sie, aber seien Sie offen für Anpassungen.
In vielen Fällen rufen wir eine neue Kultur aus, ohne dabei das System, in dem wir uns bewegen, anzufassen. In Systemen, in denen Fehlverhalten von Mitarbeiter*innen kritisiert werden, Freiräume beschnitten und Tätigkeiten bis ins letzte Detail definiert sind, fällt es uns schwer, Fehler auf die leichte Schulter zu nehmen. In diesen Systemen wäre “fehlerfreudiges” Verhalten schlichtweg zu risikobehaftet. In anderen Bereichen ist Offenheit für Fehler hilfreich, zum Beispiel wenn es um Innovationen und neuartige digitale Lösungen geht. Hier können Sie aus Fehlern lernen und wichtige Erkenntnisse gewinnen. Im Gegensatz dazu sind Fehler z. B. in der Buchhaltung im besten Fall nur ärgerlich, im schlechteren fatal.
3. Konsequent und gerecht: Seien Sie transparent in Ihrer Kommunikation.
Eine positive Fehlerkultur lebt von der Kommunikation. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter*innen, zu ihren Fehlern zu stehen und daraus zu lernen. Nichts ist schlimmer, als wenn Fehler aus Angst vor Konsequenzen vertuscht werden. Dazu braucht es allerdings eine wichtige Zutat: Gerechtigkeit. Wenn Sie dem einen Mitarbeiter – vielleicht aus gutem Grund – etwas durchgehen lassen, dem anderen dagegen nicht, sorgt das für Verunsicherung. Ein Gefühl der Ungerechtigkeit macht sich breit. Umso wichtiger ist es, Entscheidungen transparent zu kommunizieren und Offenheit für kritisches Feedback zu zeigen.
„Wenn die interne Kultur von Missgunst und Ellbogenmentalität geprägt ist, hat Fehlerkultur keine Chance.“ (Darina Doubravová, pme Familienservice)
4. Schaffen Sie Vertrauen in die Fehlerkultur.
Das bringt uns zum nächsten wichtigen Punkt: Vertrauen. Das erzeugen Sie unter anderem durch einen kompetenten Umgang mit Fehlern. Wer von seiner Führungskraft „zusammengefaltet“ wird, entwickelt kein Vertrauen und wird sich in Zukunft hüten, Fehler zuzugeben. Statt zu fragen, wer „schuld“ ist, versuchen Sie herauszufinden, wie es zu dem Fehler kam und was das betreffende Teammitglied oder das Team daraus lernen kann. Ermutigen Sie das Teammitglied zu einem weiteren Versuch. Was immer Sie von agilem Projektmanagement halten: Regelmäßige Retrospektiven oder fest installierte Teambesprechungen, bei denen geprüft wird, was gut läuft und was hinderlich ist, sind im Hinblick auf Vertrauen und eine konstruktive Fehlerkultur viel wert.
5. Belohnen Sie Kreativität!
Loben Sie Mitarbeiter*innen, die mutig sind und vielleicht einen Fehler machen. Kreativität sollte immer belohnt werden. Wo wären wir ohne die Denker, Träumer und Visionäre! Verrückte Ideen haben eine hohe Fehlerquote. Lassen Sie sich also nicht von einem perfekten Endresultat blenden.
6. Ändern Sie die Sichtweise.
Perfektionisten haben es schwer. Wo alles neu ist und es keine Erfahrungswerte gibt, kann man unmöglich alles richtig machen. Fehler dienen dazu, den richtigen Weg zu finden. Und hier kommen die Prozesse ins Spiel: Sie müssen so eingestellt werden, dass überprüft werden kann, ob der eingeschlagene Weg richtig ist oder ob es Alternativen gibt. Hier empfehlen sich Retrospektiven und Time-Outs.
7. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran!
Leben Sie als Führungskraft einen konstruktiven Umgang mit Fehlern vor. Dazu gehört es, in sich zu gehen: Was geht in Ihnen vor, wenn Sie einen vermeidbaren Fehler gemacht haben? Was, wenn ein solcher einer anderen Person unterlaufen ist? Beobachten Sie auch, wie andere ihre Fehler kommunizieren. Sachlich oder voller Rechtfertigungen und Ausflüchte? In der Praxis beobachte ich immer wieder, dass sich Mitarbeiter*innen bei einer schwach ausgeprägten Fehlerkultur vor Angst in Rechtfertigungen flüchten. Wenn Sie eine positive Einstellung zu Misserfolgen vorleben, bekommen die Teammitglieder ein Gefühl der Sicherheit und können sich nach einem Fehler schnell auf die positiven Aspekte und Lernerfahrungen konzentrieren.
8. Etablieren Sie eine Feedback-Kultur!
Je schneller ein Fehler zutage tritt, desto eher kann man daraus lernen. Feedback von Kolleg*innen und Vorgesetzten sowie kritisches Hinterfragen des eigenen Handelns sind die Grundlagen für den erfolgreichen Umgang mit Misserfolgen. Dabei ist es günstig, den Blick gleichermaßen auf Erfolge wie auf Fehler zu richten. Leider sind Fehler in der deutschen Kultur sehr negativ behaftet – auf das Negative zu fokussieren macht jedoch krank und lähmt unsere Kreativität.
9. Rechnen Sie mit Rückschlägen!
Wie bei jedem Veränderungsprozess wird es auch bei der Implementierung einer Fehlerkultur nicht immer steil bergauf gehen. Kalkulieren Sie Rückschläge ein. Eine Fehlerkultur zu etablieren bedeutet, die eigene Haltung und das Verhalten zu ändern. Dazu müssen sich erlernte und abgespeicherte Verhaltensmuster und Reaktionen verändern. Das braucht Zeit und Geduld. Nicht alle Menschen kommen mit einer Fehlerkultur gleich gut zurecht – auch wenn es ihnen auf der rationalen Ebene einleuchtet. Das ist durchaus in Ordnung, wenn Sie sich darauf einstellen und sich nicht entmutigen lassen.
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Darina Doubravová ist beim pme Familienservice
Senior Trainerin und Coach für die Themen Change Management sowie Führungskräfte- und Organisationsentwicklung