Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf den Führungsnachwuchs. Organisierte, zuverlässige und zielstrebige Führungsrollen haben an der Spitze virtueller Teams bessere Chancen. Es geht also nicht mehr nur darum, wer sich gut präsentiert, sondern wer Aufgaben tatsächlich erledigt.
Digitales Führen: Habitus und Status treten in den Hintergrund
In Zeiten, in denen an virtuelle Team-Meetings noch nicht zu denken war und soziale Interaktion ausschließlich vor Ort stattfand, galten Präsenz und souveränes Auftreten als Merkmale für Führungsqualität. Doch die digitale Zusammenarbeit verändert nicht nur unser Kommunikationsverhalten, sie erfordert auch neue Führungskompetenzen.
Diesen Umbruch bestätigt pme-Akademieleiterin Darina Doubravova, die seit viele Jahren Führungskräfte trainiert:
„Im virtuellen Raum verändern sich die Wahrnehmung und die soziale Interaktion. Virtuelle Kommunikation ist fokussierter. Habitus und Status treten in den Hintergrund und nehmen weniger Raum ein als in der Face-to-Face-Kommunikation“.
Virtuelle Teams leben von organisierten und zuverlässigen Persönlichkeiten
Eine kürzlich im „Journal of Business and Psychology“ veröffentliche Studie beschäftigt sich mit dem Einfluss, den unterschiedliche Formen virtueller Team-Meetings auf die Führungsrolle haben. Die Autoren der Studie rechneten bereits vor mehreren Jahren damit, dass sich Charisma und analoge Führungsqualitäten künftig nicht virtuell übersetzen lassen. Die Extrovertiertheit, die ehrgeizige Mitarbeiter*innen bis dato in die Führungsetage befördert hatte, reicht als virtuelle Führungskompetenz nicht aus. Die Studie zeigt, dass in einer virtuellen Umgebung eher die organisierten, zuverlässigen und produktiven Teammitglieder die Zügel in die Hand nehmen. Das sind Personen, die anderen helfen und das Team im Zeitplan und auf die Ziele ausgerichtet halten.
„Die Studie bestätigt, dass im Zuge der Digitalisierung der kooperierende Führungsstil mit Kompetenzen der femininen Führungsprinzipien in den Vordergrund tritt: weg von Macht, Durchsetzung und Hierarchie, hin zu emotionaler Intelligenz, Vertrauen, Offenheit und Empathie. Das ist ein Trend, der sich in der virtuellen Arbeitswelt schon länger abzeichnete“, beurteilt Doubravova.
Kluft zwischen Führungsstilen von persönlichen und virtuellen Teams
Die Forscher begleiteten 220 in den USA ansässige Teams, um zu sehen, welche Mitglieder sich als Führungskraft in persönlichen („Face to Face“), virtuellen und hybriden Gruppen behaupten. Wie erwartet, wählten die Teams, die sich in der Face-to-Face-Situation befanden, Führungspersönlichkeiten mit selbstbewussten, klug wirkenden, extrovertierten Eigenschaften aus. Hingegen waren diejenigen, die als virtuelle Führungskraft gewählt wurden, Personen mit großem Tatendrang. Sie neigten stärker dazu, zu planen, Teamkollegen direkte Hilfe anzubieten, Dinge zu erledigen, Ressourcen und Aufgaben im Blick zu behalten. Ihre Persönlichkeiten zeichneten sich vor allem durch Zielstrebigkeit, Produktivität, Verlässlichkeit und Hilfsbereitschaft aus.
Hybride Arbeitsformen für die Zukunft
Die Studie entstand vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Jedoch kommt die Veröffentlichung der Ergebnisse zu einem guten Zeitpunkt, da momentan sehr viele Teams teilweise oder sogar ausschließlich digital arbeiten. So wird jetzt deutlich, welche besonderen Anforderungen an eine erfolgreiche virtuelle Führungspersönlichkeit existieren.
Darina Doubravova betont, „dass vor allem die hybriden Arbeitsformen zwischen Face-to-Face-Kommunikation und Remote-Arbeit bestehen bleiben und die Nutzung von kollaborativen Tools zur Bewältigung gemeinsamer Arbeitsaufgaben ansteigen wird“.
Die gesamte Studie “Who Emerges into Virtual Team Leadership Roles? The Role of Achievement and Ascription Antecedents for Leadership Emergence Across the Virtuality Spectrum” finden Sie hier.
Darina Doubravova ist Leiterin der Akademie beim pme Familienservice. Außerdem ist Sie als Business Trainer und Coach tätig.
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