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Portrait von Lehrer und Bildungsinfluencer Bob Blume
Eltern & Kind

Bob Blume über KI und Schule: "Die Haltung ist wichtig”

Künstliche Intelligenz (KI) stellt Schule vor neue Herausforderungen. Der Bildungsinfluencer und Lehrer Bob Blume zeigt einen sinnvollen Umgang mit KI im Schulalltag und hat Tipps für Eltern. 

Hallo Herr Blume, schön, dass Sie sich Zeit genommen haben. Welche KI haben Sie das letzte Mal benutzt und wofür? 

Bob Blume: Das letzte Mal habe ich ChatGPT in der Version 4.0 genutzt, um eine kurze Übersicht zu bekommen, in welchen europäischen Ländern über 9 Jahre zusammen gelernt wird. In einem zweiten Schritt überprüfe ich dann die Ergebnisse.  

Auf Ihrem Blog haben sie schon einige Beispiele genannt, wie KI im Unterricht von Lehrer:innen genutzt werden kann. Wofür setzen Sie persönlich KI im Unterricht schon regelmäßig ein?  

Bob Blume: Vor allem nutze ich ChatGPT, wenn es um Dialoge geht, die man ansonsten gar nicht abbilden könnte. Vor allem mit datenschutzkonformen Angeboten, wie es sie schon gibt, können Schülerinnen und Schüler so beispielsweise mit jemandem aus einer bestimmten Stadt „sprechen“ und so Fragen üben. Oder inhaltliche Grundlagen ausbauen. Das geht im Schulbuch auch, ist aber langweilig.  

Wie können Kinder KI-Anwendungen bzw. die Open AI ChatGPT selbst ganz konkret nutzen, um besser zu lernen?  

Bob Blume: Zunächst mal muss man voranstellen: Sie können es auch verwenden, um sich das Lernen abzugewöhnen. Die Haltung ist wichtig, und die entsteht nicht von selbst. Wenn sie das wissen, kann ChatGPT genutzt werden, um eine Struktur zu einem Thema zu erstellen, schnelle Definitionen zu erhalten oder Ideen dafür zu bekommen, wie sie weiterkommen, wenn es mal stockt.  

Manche sehen vor allem die Gefahr, dass Schüler:innen  KI-Anwendungen wie ChatGPT ausnutzen, um sich z.B. ihre Deutschaufsätze schreiben zu lassen und somit eigentlich gar nichts mehr lernen. Wie stehen Sie dazu?  

Bob Blume: Das ist so. Das passiert schon. Und das wird weiter passieren. Es ist nichts, was eine These ist. Genau aus dem Grund muss darüber nachgedacht werden, ob es sinnvoll ist, bestimmte Aufgaben zuhause zu machen. Oder ob man nicht viel mehr in die Schule verlagern sollte. Wir sollten auch von dem hohen Ross, dass die „böse Jugend“ täuscht. Hätten wir damals einen Zauberelfen gehabt, der die Hausaufgaben für uns macht, wer hätte das abgelehnt? Ich denke, in Zukunft werden drei Dinge passieren (müssen): Das Mündliche wird eine Renaissance erleben, das Lernen muss in die Schule kommen und es wird nicht mehr darum gehen, welches Ergebnis man hat, sondern wie man dazu gekommen ist. Die Reflexion wird wichtiger werden.  

Ich habe ein Zitat von Ihnen gelesen, das wie folgt lautet: "Die Guten werden das Tool zu ihrem Vorteil nutzen, die Schlechteren werden sich noch weniger mit den Lerninhalten auseinandersetzen." Inwiefern müssen sich Unterricht, Methoden und Lerninhalte verändern?  

Bob Blume: Wie schon angedeutet: Fundamental. Wenn die Vertiefung dessen, was man in der Schule mitbekommt, zuhause stattfindet, dann nutzt man natürlich jede Hilfe, die man von dort aus zur Verfügung hat. Und dann kann es eben passieren, dass sich schulische Instruktion und Heimarbeit immer mehr voneinander entfernen. Im Grunde bleibt wahr, was auch schon zu Zeiten des Smartphones wahr gewesen ist: Schulisches Lernen und Bildung muss immer auch die Zeit berücksichtigen, in der das Lernen stattfindet. Wer sich dem versperrt, wird es schwer haben – aus den unterschiedlichsten Gründen.  

Abseits des Lernens und KI: Wie steht es um die Vermittlung von Medienpädagogik in den Schulen?  

Bob Blume: Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage: Abgesehen von ein paar Leuchtturmschulen ist Medienpädagogik gescheitert. Denn sie steht ja in den Bildungsplänen. Aber was bedeutet das konkret? Meist soll es alles im Deutschunterricht gemacht werden, da machen es dann ein paar Kollegen, andere weniger. Aber Medienpädagogik ist allumfassend. In jedem Fach! Das ist noch gar nicht angekommen. Wo ich Nachholbedarf sehe? Überall! Überall dort, wo Medien nicht in jedem Fach eine Rolle spielen. Zumindest ab der weiterführenden Schule.  

Was würden Sie Eltern von Schülern im Umgang mit KI empfehlen?  

Bob Blume: Erstens: Probiert es selbst aus. Zweitens: Diskutiert eure Ergebnisse kritisch. Und drittens: Verteufeln bringt nichts, aber seid euch gewahr, dass die KI auch jene Inhalte abnimmt, die wichtig sind für die Grundlage des eigenen Lernens.  

Haben Sie Sorge, dass man Sie als Lehrer irgendwann nicht mehr braucht, weil eine KI besser Lerninhalte transportieren kann als jede:r Lehrer:in? 

Bob Blume: In den Schulgesetzen steht der Erziehungs- und Bildungsauftrag. Solange die KI noch nicht in der Lage ist, empathisch zu sein, Beziehungen zu gestalten, soziale Verbindungen herzustellen, sehe ich keine Sorge. Bildung besteht ja nicht aus Wissen. Bildung ist ein menschlicher Lernprozess. Und für menschliche Lernprozesse wird es immer Menschen brauchen, davon bin ich überzeugt.  

Über Bob Blume

Bob Blume ist Oberstudienrat am Windeck-Gymnasium in Bühl und unterrichtet die Fächer Englisch, Deutsch und Geschichte. Zuvor arbeitete er an einer Realschule im Schwarzwald. Neben seiner Arbeit als Lehrer betreibt er einen Youtube-Kanal und einen Blog, in dem er über die Herausforderungen des Referendariats, die Chancen der Digitalisierung und politische Themen schreibt.

Als „Netzlehrer“ ist er auf Twitter unterwegs und betreibt auch einen Podcast mit diesem Namen. Nebenher publiziert er für Zeitungen und veröffentlicht Texte in verschiedenen Online-Magazinen – wenn er nicht mit seiner Tochter und seiner Frau das Leben in den Offenburger Weinbergen genießt. 

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